Zuger Start-up-Treuhänder Cédric Schmid kritisiert staatliche Unterstützung für Start-ups

 

Der Stadtzuger FDP-Politiker und Treuhänder Cédric Schmid hält wenig von staatlicher Krisenhilfe für Start-ups.

 

Nachdem der Ruf aus der Start-up-Szene nach Unterstützung immer lauter wurde – so forderte beispielsweise Mathias Ruch von der Swiss Blockchain Federation einen Innovationsfonds im Umfang von einer Milliarde Franken – hat der Bundesrat am Mittwoch reagiert und ein Hilfskonzept für unter der Coronakrise leidende Start-ups in Höhe von bis zu 154 Millionen Franken vorgestellt. Die Kantone können nun Stellung nehmen und entscheiden, ob sie daran teilnehmen oder beispielsweise ein eigenes Konzept umsetzen (siehe Box).

Einer, der als Treuhänder viele Start-ups betreut, ist der 39-jährige Cédric Schmid, Präsident der Stadtzuger FDP-Sektion. Schmid sieht bei einem staatlichen Eingriff viele Fragezeichen und fordert stattdessen bessere Rahmenbedingungen für Innovationen.

 

Sie müssten sich freuen: Endlich wird den Start-ups geholfen.

Cédric Schmid: Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn Start-ups geholfen wird, ich bin ein grosser Unterstützer von Innovationen. Man muss sich aber erstens bewusst sein, dass eine Mehrheit der Schweizer Start-ups irgendwann durch ausländische Firmen oder Investoren geschluckt wird. Man muss sich also, etwas plakativ gesagt, schon genau überlegen, wo man jetzt Geld investiert. Zweitens heisst es ja, dass «aussichtsreiche» Start-ups unterstützt werden sollen. Es ist aber schwierig zu definieren, was in diesem Kontext aussichtsreich ist und welche Idee wirklich zukunftsfähig ist. Es ist ganz normal, dass nur die wenigsten Start-ups überleben, weil sich viele Ideen einfach nicht monetarisieren lassen. Hier entscheidet der Markt.

Der Bund sollte also die Finger von einer Unterstützung lassen?

Was ich sicher ablehne, ist ein staatlich geförderter Fonds. Die Lösung mit den Bürgschaftskrediten hingegen ist nicht schlecht, aber eigentlich unnötig. Denn der Bund bietet schon seit längerem KMU-Bürgschaften an, wo auch Start-ups nach eingehender Prüfung bis zu einer Million Franken bekommen können. Ausserdem bin ich der Meinung, dass auch Start-ups von den bestehenden Covid-19-Krediten profitieren können und kein eigenes Hilfsinstrument benötigen. Denn diese orientieren sich nicht nur am Umsatz, von dem Start-ups ja oft keinen haben, sondern auch an der Nettolohnsumme.

Aber das ist ja das Argument der Szene, dass die Nettolohnsumme bei Start-ups zu tief sei.

Aber wenn diese tief ist, brauchen sie ja auch weniger Geld, um die Löhne zu bezahlen. Ich habe aus allen Bereichen Kunden. Am schlimmsten trifft es die Kleinunternehmen. Es ist legitim, dass der Staat da hilft, um einen Domino-Effekt zu vermeiden. Bei Start-ups erlebe ich hingegen weiterhin eine grosse Innovationsfähigkeit. Einige stellen auf Kurzarbeit um oder pausieren gewisse Entwicklungen, aber ihre Situation ist nicht vergleichbar beispielsweise mit jener von Restaurants.

 

Was könnte Ihrer Meinung nach ein Kriterium für eine Bürgschaft des Bundes sein?

Start-ups, die marktreife Abnehmerverträge für ihr Produkt haben, aber jetzt beispielsweise wegen der Krise nicht liefern können, denen könnte gezielt geholfen werden. Aber insgesamt könnten Start-ups gerade jetzt eben nicht Investoren verlieren, sondern eher finden. Denn aufgrund der Krise ist es gut möglich, dass sie zu günstigem Geld Aktien rausgeben. Das ist für Investoren attraktiv und der Risikokapital-Markt in der Schweiz funktioniert gut, das hat der Bundesrat in Berichten immer wieder bestätigt. Bezüglich Anteil der Risikokapitalinvestitionen am Bruttoinlandprodukt belegen wir europaweit hinter Finnland den zweiten Rang. Und diese Geldgeber investieren langfristig und sollten Start-ups auch in einer Durststrecke unterstützen.

Wie erklären Sie sich dann die Forderungen nach staatlicher Unterstützung für Start-ups?

Das ist eine altbekannte Forderung, die von bestimmten Kreisen in jeder Krisensituation wieder aufgewärmt wird.

Sie haben den Punkt angesprochen, dass viele Start-ups zwar in der Schweiz gegründet, aber später ins Ausland verkauft werden. Wie kann das verhindert werden?

Ich bin Mitbegründer des Vereins Liberal Fabulous Four (LibFab4). Dort setzen wir uns parteiübergreifend genau mit solchen Fragen auseinander. Ein Problem ist, dass es in der Schweiz zu wenig richtige Grossinvestoren für Start-ups gibt, das hängt auch damit zusammen, dass für Pensionskassen, die dafür prädestiniert wären, langfristig angelegte Anlagevehikeln noch zu unattraktiv sind. Und auch das Know-how ist wichtig. Netzwerke, wie sie in Israel oder den USA beispielsweise zwischen Hochschulen, Militär und Wirtschaft bestehen, gibt es hier nicht in dieser Form. Auch von einem stärkeren Einbezug der Zivilbevölkerung in den Forschungs- und Innovationsprozess verspreche ich mir viel mehr – als von staatlichen Kapitalspritzen.

 

Wie sehen Sie nun die Zukunft der Start-ups-Szene, wie wird die Coronaerfahrung diese prägen?

Aus der Krise heraus entstehen immer auch neue Ideen und es werden Innovationen gefördert, wie sich gerade im Bereich Digitalisierung zeigt. Wer kannte vor ein paar Wochen schon den Videokonferenz-Anbieter Zoom? Wenn die Konjunktur wieder anzieht, wird es neue Start-ups geben, die sich daran machen, diese Ideen umzusetzen. Und die guten darunter werden überleben.